Nachdem sich unser Sohn Thorsten entschieden hatte, den letzten Teil seiner Referendarausbildung in Guangzhou zu machen, war für mich schnell klar, dass ich ihn da besuchen würde – diese Chance wollte ich mir nicht entgehen lassen! Da die Zeitspanne vorgegeben war, musste das Organisatorische angegangen werden: Genauer Termin, Visum, Hotel etc., nicht zu vergessen den Urlaub (der natürlich so nicht geplant war). Meiner Frau war das zu anstrengend, aber die Tochter meinte sofort, dass sie da auf mich aufpassen müsse. Mir war es recht, und so gingen wir ans Planen. Die Hotels buchten wir zumeist via Internet. Das war schon lustig, denn wir schauten parallel (in Gießen bzw. in Friedrichsdorf), unterhielten uns dabei via VoIP und suchten aus; das Ergebnis war gar nicht schlecht! Dazu wurden Reiseführer konsultiert, und obwohl das alles ziemlich im Zeitstress passierte, wurde es letztlich eine phantastische Reise: Ein knapp zweiwöchiger Besuch, davon sechs Tage bei Thorsten in Guangzhou, drei Tage in Macau und der Rest in HongKong. Am 8. Mai ging es in Frankfurt los, und am 21. kamen wir begeistert und mit vielen neuen Eindrücken zurück.
Zunächst einmal ein Hinweis darauf, wo wir uns überhaupt “getummelt” haben (siehe Karte): Das Gebiet liegt an der Südküste Chinas, ca. 2.000 km südlich der Hauptstadt Beijing (Peking). Das Klima ist subtropisch mit (in dieser Jahreszeit) Temperaturen von gut 30° und Luftfeuchtigkeit knapp unter 100%. Da in ganz China die Beijing-Zeit gilt, ist man dort der MESZ um sechs Stunden voraus.
Wir sind am 8.5. kurz nach 22 Uhr in Frankfurt abgeflogen, und so holte uns Thorsten am Montag nachmittag in Guangzhou am Flughafen ab; nach harter Preisverhandlung fuhren wir mit dem Taxi in unser Hotel und machten, nach dem ersten Auspacken, noch einen kleinen Spaziergang am Perlfluß entlang. Guangzhou, ehemals Kanton, ist eine 6,5 Millionen-Industriestadt und bekannt vor allem durch die Messe (während der praktisch alle Preise um mindestens 100% steigen); touristisch ist sie noch wenig erschlossen. Aber bei der langen Geschichte des Landes gibt es natürlich doch manches hervorzuheben:
Da ist zunächst mal die Insel Shamian, auf der auch unser Hotel lag. Diese Insel musste Mitte des 19. Jahrhunderts von China an die westlichen Mächte (primär England und Frankreich) abgetreten werden, die dort ihre Wohn- und Geschäftshäuser errichteten. Sie ist nicht groß: Drei Straßen in “Längsrichtung”, die nördliche, die mittlere und die südliche, und fünf – durchnummerierte – Querstraßen. Noch heute gibt es dort viele Gebäude im Kolonialstil, und Shamian ist sicherlich der grünste (und ruhigste) Teil Guangzhous.
Bemerkenswert in Guangzhou auch die Straßenmärkte, darunter ein recht großer Jademarkt. In diesen Märkten kann man sich verlaufen, und es ist immer wieder faszinierend, wie wenig Platz ein z. B. Sanitär- oder Möbelgeschäft benötigt. Selbst in einem Meter breiten Hauseingängen kann man noch einen Textilladen unterbringen! Es gibt dort fast alles zu kaufen: Von Haushaltswaren über Antiquitäten und (chinesischer) Medizin bis zu (lebenden und toten) Lebensmitteln wie Fischen, Hühnern, Schlangen, Reis, Nudeln, natürlich Tee und so weiter.
Wie in ganz China sind die kleinen und größeren Parks immer wieder schön gestaltete – und sehr saubere – Oasen in der Hektik der Städte. Besonders bemerkenswert war in Guangzhou der Orchideenpark (wenn es dort auch viele Mücken gibt, wie Kirsten bestätigen kann ).
Neben etlichen Zeugnissen der revolutionären Geschichte des 20. Jahrhunderts gibt es auch älteres in Guangzhou zu sehen. Besonders spektakulär war im vorigen Jahrhundert die Entdeckung eines 2000 Jahre alten Königsgrabes der westlichen Han, das heute zu einem Museum gestaltet wurde, in dem auch alle Funde aus der Grabstätte zu sehen sind; sehr gut gemacht und hoch interessant! (Leider war drinnen das Fotografieren verboten ).
So waren wir in der kurz bemessenen Zeit gut ausgelastet. Thorsten musste ja arbeiten, hat uns aber an allen Abenden begleitet; oft war auch sein Kollegen Du Jiang dabei. Die Wege in Guangzhou sind natürlich nicht gerade kurz, aber mit U-Bahn und Taxi (sehr billig, beides!) kamen wir ganz gut zurecht. Nur in Busse haben wir uns nicht getraut, da diese nur chinesisch über das Fahrziel Auskunft geben – uns sooo gut waren wir da nun doch nicht. Im Taxi konnte man dem Fahrer einen Zettel mit dem Fahrziel zeigen, notfalls im Reiseführer deuten, wohin man will, und das ging recht gut. Das bringt mich zum Schluss des ersten Teils noch auf zwei Themen, die uns auf der ganzen Reise begleiteten:
1. Chinesisch: Natürlich in Guangzhou, aber auch zum guten Teil in Macau und HongKong notwendig – letzteres hätte ich nicht gedacht, aber andererseits haben wir dort praktisch immer jemanden gefunden, der uns mit zumindest ein paar Brocken Englisch weiterhalf. Leider ist die Sprache für mich überhaupt nicht geeignet, da fast jedes Wort mit der Aussprache / Tonalität (hoch, tief, ansteigend, abfallend oder schlicht unbetont) die Bedeutung wechselt; bei meiner Schwerhörigkeit ein KO-Kriterium. So blieben ein paar Zahlen und Redewendungen, und die sind inzwischen längst wieder weg … An Stelle der Schriftzeichen gibt es teilweise die Umschrift in Hanyu pinyin, mit der man wenigstens im Wörterbuch nachschauen kann. Aber die Schriftzeichen sind wichtig, denn auch in China gibt es sehr unterschiedliche Dialekte; in der Ecke, die wir besuchten, z. B. Kantonesisch. Und da dienen die Schriftzeichen als Klammer, denn sie sind in allen Dialekten sehr ähnlich, so dass auch ein Kantonese mit ihrer Hilfe versteht, worum es geht, wenn etwa sein Gegenüber Mandarin (Hochchinesisch ) spricht.
2. Tempel
Die gibt es überall in vielerlei Glaubensrichtungen, sehr häufig buddhistische; dem entsprechend werden in den Bildern immer wieder Tempel, Götter und insbesondere Buddhas auftauchen. Die buddhistischen Tempel und Klöster haben für Kirsten die erfreuliche Nebenwirkung, dass oft vegetarische Restaurants angeschlossen sind – was wir auch mehrfach ausgenutzt haben. Aber auch andere Gottheiten werden verehrt; hier gleich ein Beispiel: Der AMa-Tempel in Macau, der leider geschlossen war, als wir dorthin kamen:
Und das ist auch der Übergang zu der zweiten Station unserer Reise: Macau …